Einladung Verbraucherschutz-VeranstaltungEschweiler. Zu einer kombinierten Veranstaltung zu den Themen „TTIP und Verbraucherpolitik“ hatte die FDP Eschweiler im Namen des FDP-Kreisverbands Aachen-Land, der Liberalen Frauen im Kreisverband Aachen-Land und Bezirksverband Aachen am 12. November 2015 nach Eschweiler in den Talbahnhof eingeladen. Als prominente Gastrednerin konnte Gesine Meißner, Mitglied des Europäischen Parlaments, gewonnen werden, die zugleich auch Bundesvorsitzende der Liberalen Frauen und Sprecherin der ALDE-Fraktion (Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa) im Verkehrs- und Transportausschuß sowie Mitglied im Umweltausschuss ist.

Mündiger Verbraucher

Der erste Teil des Abends, durch den der Vorsitzende der FDP Eschweiler, Christian Braune, als Moderator leitete, befasste sich mit dem Thema Verbraucherpolitik. Hier diskutierte die Europaabgeordnete mit Claudia Schmitz, Leiterin der Verbraucherzentrale in Alsdorf. Schon in Ihren Eingangsstatements, die der Klärung des Begriffes „mündiger Verbraucher“ galten, stellten beide Fachfrauen klar, dass das Wort „mündig“ Information und Interesse des Verbrauchers an den jeweiligen Themen voraussetze. Jedoch werde dies in Zeiten des Internets nicht etwa einfacher, sondern zunehmend schwieriger, da die Industrie häufig mit Informationen und Schlagworten werbe, die der Verbraucher gar nicht bewerten oder beurteilen könne.

Gesine Meißner machte deutlich, warum sie gegen eine Einführung der Ampel auf Nahrungsmitteln gestimmt habe. „Stellen Sie sich vor, dass deutsches Schwarzbrot eine rote Ampel erhalten würde, weil es 1,2 Prozent Salz enthält, während industriell gefertigtes Weißbrot eine grüne Ampel bekäme“. Die Bewertungskriterien würden nicht immer den Verbraucherinteressen und -informationen gerecht. Dem stimmte dann auch Claudia Schmitz zu, die sich gegen eine Überregulierung durch Gesetze und Vorgaben aussprach: „Letztlich möchte ich selber entscheiden, wann ich was esse – und das darf auch schon einmal ungesund sein.“ Gegen Currywurst mit Pommes habe sie durchaus auch nichts einzuwenden, aber bitte nicht täglich.

Für die Verbraucherzentralen in NRW liegt ein wichtiger Schwerpunkt im Bereich der neuen Medien und des Internets. „Das nimmt bei uns mittlerweile 50 Prozent des Tagesumfanges der Beratungsleistung ein“, erklärte Claudia Schmitz und erläuterte auf Nachfrage, dass dies für alle Altersgruppen gelten würde. Gesine Meißner erläuterte das aktuelle Gesetzgebungsverfahren in der EU und bedauerte in diesem Kontext, dass die Politik stets den Entwicklungen nachlaufen würde, weil das Gesetzgebungsverfahren nicht einfach sei und auch nationale Parlamente und Befindlichkeiten zu berücksichtigen und im Vorfeld auszuräumen seien.

Natürlich durfte in einer Diskussion zum Thema Europäische Gesetzgebung das Thema Lobbyismus nicht fehlen. Gesine Meißner sprach sich hier sehr klar und deutlich dafür aus, Lobbyismus nicht generell zu verdammen. Lobbyisten gäbe es schließlich nicht nur auf Seiten von Wirtschaft und Industrie, sondern auch zunehmend bei den Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherverbänden und NGOs (Nichtregierungsorganisationen). „Oder wollen Sie deren Arbeit nicht auch als Lobbyarbeit bezeichnen?“ fragte sie in das kritische Publikum. Die Europapolitikerin stellte klar, dass sie erst durch die Informationen, die sie durch Organisationen erhalte und die jeder Politiker sehr wohl als Lobbyarbeit zu bewerten wisse, eine Entscheidung in Abwägung der Pros und Cons möglich werde – schließlich sei kein Politiker in allen Bereichen Fachmann oder Fachfrau.

Gesine Meißner, Christian Braune, Claudia Schmitz

Im zweiten Teil des Abends stellte sich Gesine Meißner den Fragen der rund 50 anwesenden Bürgerinnen und Bürger zum Thema TTIP.

Ein wesentlicher Kritikpunkt der Anwesenden bezog sich auf die mangelnde Aufklärung der Bürger zu Inhalt, Stand und Umfang der TTIP-Verhandlungen. Gesine Meißner nahm sich viel Zeit, die Abläufe der Verhandlungen und die nunmehr einsetzenden Informationskampagnen für Bürger und Europaabgeordnete zu erläutern. Die schlechte Kommunikation und Information der Bürger zu Beginn der Verhandlungen kritisierte sie ebenfalls, „aber Sie sehen, meine Damen und Herren, dass Kritik seitens der Bürger aufgenommen wird“ und dass die jetzt zuständige liberale Kommissarin Cecilia Malmström seit Übernahme der Verantwortung hier auf Offenheit und Information setze – das sei Politik der Liberalen auch in Europa.

Derzeit gäbe es noch intensive Verhandlungen zwischen den USA und Europa, weshalb zur Zeit noch keine fertigen Texte verfügbar seien. Verhandlungspositionen hätten zu Beginn nicht in der breiten Öffentlichkeit kommuniziert werden können. Das sei bei Verträgen, die letztendlich ja auf beiden Seiten mit Maximalpositionen begännen, auch nicht sinnvoll. Am meisten aber ärgere sie sich über Falschinformationen, die von Gegnern des Freihandelsabkommens bewusst gestreute würden. Sie warb vielmehr für eine Versachlichung der Diskussion. Bestimmte Bereiche des Lebens seien auch komplett aus dem Vertrag herausgenommen worden – so z.B. sämtliche Angelegenheiten, die Gesundheit und Soziales betreffen.

Das sogenannte „gläserne Büro“ in Brüssel, in welchem EU-Abgeordnete alle Unterlagen der Verhandlungen zwar einsehen dürfen, es aber strikt untersagt sei, sich Notizen zu machen, Fotokopien anzufertigen oder Teile daraus zu fotografieren sei sicherlich schwierig vom Bürger zu verstehen. Leider hätten solche Vorkehrungen aber letztlich diejenigen Politiker zu verantworten, die die Geheimhaltungsvorschriften verletzt haben. Das bedauerte Gesine Meißner außerordentlich, erläuterte aber, dass aufgrund der öffentlichen Diskussion mittlerweile mehr und mehr Dokumente im gesicherten Teil des Intranet für die EU-Abgeordneten bereitgestellt würden. Letztlich sei das Abkommen aber noch nicht ausverhandelt und deshalb auch nicht abstimmungsreif.

Ein zweiter wichtiger Punkt in der Diskussion betraf die Gerichtsbarkeit. Hier wurde seitens der Fragesteller von einer intransparenten Parallelgerichtsbarkeit gesprochen. Gesine Meißner unterstrich, dass es gerade mittelständische deutsche Unternehmen waren, die die Forderung nach Schiedsgerichten aufgestellt und damit in Europa durchgesetzt hätten. Auch die EU sei durch ein Freihandelsabkommen entstanden und heute seien Schiedsgerichtsprozesse innerhalb der EU üblich.

Weiter beobachten

Gesine Meißner forderte alle Bürger dazu auf, die Verhandlungen weiterhin kritisch zu beobachten und über die demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten Einfluß zu nehmen. Sie bewerte TTIP im Wesentlichen positiv, aber natürlich müsse in den Verhandlungen noch vieles ausgehandelt werden. Im Großen und Ganzen sei eine Mehrheit der Europäer für TTIP. Doch werde sie von Abgeordneten anderer Länder häufig gefragt, warum das Abkommen in Deutschland negativ diskutiert werde. So gehe ein Riss auch durch die Fraktion der Sozialdemokraten in Europa, wo Martin Schulz zu den Kritikern gehöre, der Vorsitzende des wichtigen Ausschusses für internationalen Handel, Bernd Lange von der SPD Hannover sich dagegen dafür ausspreche.

Als die Veranstaltung gegen 21:00 Uhr endete, blieben trotz intensiver Diskussionsbeitrage über das Thema TTIP noch viele Fragen der Besucher offen. Klarheit wird es definitiv erst dann geben, wenn die Verhandlungen abgeschlossen sind und die Ergebnisse zur Abstimmung stehen. Die Organisatoren der Veranstaltung, Petra Prigge und Christian Braune von der FDP Eschweiler, versprachen den Bürgern nach der Veranstaltungen, das Thema auch weiterhin zu verfolgen.

Gesine Meißner, Christian Braune, Dr. Werner Pfeil und Dagmar Göbbels

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